Tote leben immer

Leipziger Kinder haben sich gemeinsam mit der Künstlerin Susann Hoch mit dem Tod beschäftigt. Gemeinsam haben sie dann ein Buch gedruckt.

„Alle Menschen müssen sterben“, stellt Lukas Wieland im Buch „Tote leben immer“ sachlich fest. Lukas ist Grundschüler und Mitglied der Bleiläuse, einer Gruppe druckender, zeichnender und schreibender Kinder aus Leipzig. Auf 36 gebundenen Seiten breiten sie Geschichten und selbstgemalte Bilder über das Sterben aus. Sandra Lessing beispielsweise erzählt in ihrer Geschichte „Abschied von meinem liebsten Opa“, woran sie sich erinnert. „Letztes Jahr im April machte Opa wieder einen tollen Scherz. Opa Klaus hatte seine Hände nass gemacht und dann mit viel Seife eingeschmiert. Mit diesen eingeseiften Händen wünschte mir Opa guten Tag. Somit hatte ich auch Seifenhände.“ Und ein Stück weiter: „Jetzt bin ich traurig, denn mein Opa ist im Januar gestorben. Er hatte Asthma und er bekam einen Herzstillstand. Ich vermisse seine Scherze und ihn sehr.“

 

Gespräche mit Altersgenossen

Die Bleiläuse haben unter der Verantwortung der Leipziger Künstlerin Susann Hoch über Wochen hinweg Geschichten über das Sterben gesammelt. Aber auch über ihre eigenen Erinnerungen an die Verstorbenen, was von ihnen nach dem Tod bleibt und vor allem, wie man mit der großen Traurigkeit fertig werden kann. Als die Kinder darüber sprachen, fanden sie heraus, dass es ihren Altersgenossen nicht anders geht. Beinahe jedes Mädchen und jeder Junge hat den Tod eines nahen Angehörigen mehr oder weniger nah miterlebt.
„Die Kinder haben aber so etwas wie eingebaute Schutz-engel, die sie vor unmäßiger Belastung bewahren“, stellte Susann Hoch während ihrer Arbeit an diesem Projekt fest, „selbst die schüchternen unter meinen kleinen Künstlern haben erstaunlich frei und beinahe sachlich von ihren Erlebnissen und Wahrnehmungen berichtet.“ So wie Sophie Kubetschek, die feststellt: „Auf jeden Fall ist klar, dass alle Menschen mal sterben. So entwickelte sich unsere Erde. Ich fühle mich als ein gaaaaanz kleiner Teil dieser Erde.“ Ihre Zeichnung neben dem Text zeigt ein Totenbett, ein weinendes Mädchen und eine Art Geist, der aus dem Körper des Toten in den blauen Himmel steigt.

 

Die Erklärungen der Kinder

„Für Kinder kann alles, was uns Erwachsenen großen Kummer bereitet, ganz einfach sein“, ist sich Susann Hoch sicher. Eine große Rolle spiele bei Kindern auch, dass sie Trost in ihrer Fantasie und oft auch in geradezu märchenhaften religiösen Überlieferungen finden. Der Himmel spiele jedenfalls in den Buchillustrationen der Bleiläuse immer eine große Rolle.
Eine ganz andere Erklärung für das Sterben hat Marc Solovey in seiner Geschichte: „Wenn zu viele Menschen auf der Welt sind, kann die Welt explodieren.“ Und sein Freund Dominik Hausmann ist sicher: „Die Gedanken kriechen aus dem toten Menschen heraus und in einen lebendigen hinein – manchmal habe ich den Gedanken, dass mein gestorbener Onkel ein großer Stern im Himmel ist.“ Keine schlechte Vorstellung.

 

Text: Uwe Baumann, Abbildung: Zeichnung (Ausschnitt) von Sophie Kubetschek, aus dem Buch „Tote leben immer“ der Leipziger Bleiläuse.